Frühkindliche Entwicklungstraumata

In unseren ersten 5-7 Jahren entwickeln und konditionieren wir die Grundlagen unserer individuellen Lebens- und Beziehungskompetenzen.

Die 5 frühkindlichen Lernfelder

Verkörperung. Wir lernen im Körper und dieser 3D-Welt anzukommen und uns darin willkommen und sicher zu fühlen.

Genährt sein: Wir lernen unseren Grundbedürfnissen zu lauschen, diese auszudrücken, darin gesehen zu werden und erfüllt zu bekommen – was schlussendlich dazu führt, dass wir später selbständig unsere Bedürfnisse erfüllen können.

Ausdruck. Wir lernen, dass wir unabhängige Wesen sind, mit individuellen Aktionsimpulsen und unserer eigenen Gefühlswelt – unsere Identität, Autonomie, freie Ausdrucksweise.

Anderen Vertrauen. Wir lernen, dass wir unserer Umgebung vertrauen können und uns gehalten fühlen dürfen – gesunde Grenzen & ehrliche Liebe.

Selbstvertrauen. Wir lernen, auf unsere innere Welt, unsere Körperwahrnehmung, unsere Gefühle und unsere Impulse zu lauschen und diese als Grundlage zu nutzen für unsere eigenen Lebensentscheidungen.

Um diese 5 Entwicklungsschritte zu lernen, brauchen wir ein Umfeld (z.B. Eltern), welches mit uns präsent ist, uns gut wahrnehmen kann und einigermassen konstant unsere Lernfelder bedient.

Diese Langkarte der 5 Strukturen ist von Wilhelm Reich entwickelt worden. Weitere Inputs habe ich von Stephen Kesslers Arbeit gesammelt und hier in diesen Beitrag einfliessen lassen.


Wurden wir in diesen Lernfeldern nicht so abgeholt, wie wir das gebraucht hätten, haben wir an diesem Ort Sicherheitsstrategien entwickelt: körperliche Reaktionen, Verhaltens- und Gedankenmuster, die uns potentiell mehr Sicherheit garantierten, in für uns stressigen Situationen.

Oft sind wir nun als Erwachsene sehr identifiziert mit genau diesen Sicherheitsstrategien, da wir diese am Anfang unserer Lebens entwickelt haben – prä-verbal oder während wir sprechen gelernt haben – ohne bewusste Selbstwahrnehmung oder Reflexion über eigenes Verhalten und innere Entscheidungen.

Die 5 Sicherheitsstrategien folgen den 5 frühkindlichen Lernfeldern. Wurden wir in bestimmten Lernfeldern nicht für uns passend begleitet, entwickeln wir genau da unsere Sicherheitsstrategien.

Die 5 Sicherheitsstrategien

Wenn du dich in gefühlt stressigen, unbehaglichen oder leidvollen Situationen befindest, kannst du da wahrnehmen, was in deinem Körper passiert? – wo deine Aufmerksamkeit hingeht? – was wichtig wird für dich? – was du machst?

Du gehst weg. Deine Aufmerksamkeit und deine Energie geht weg von dem, was/wer dich stresst. Du hast Angst. Du denkst ‚ich muss hier weg‘. Du gehst weg, entweder physisch oder du verlässt deinen Körper (Dissoziation).

Du willst Verbindung. Du denkst, Andere sind die Lösung für dein Problem. Deine Aufmerksamkeit und deine Energie gehen zu dem/den Anderen. Du bist nett zu ihnen, sodass sie dich mögen und dir helfen. Du stimmst ihnen zu, beschwichtigst sie oder verteilst Komplimente. Du versuchts ihre Bedürfnisse zu erfüllen, auch wenn es über deine Grenzen geht.

Du willst dich verstecken. Deine Aufmerksamkeit und Energie zieht sich zu dir zurück und runter, um dir beim Verstecken zu helfen, dich zu ducken and du denkst, du musst einfach aushalten was kommt. Du magst äusserlich dem zustimmen, was andere sagen, aber innerlich denkst du nur ‚du kannst mich nicht dazu zwingen‘. Innerlich fühlt alles schwer und steckengeblieben an. Du versuchst keine Massnahmen zu ergreifen, sondern die Situation einfach zu ertragen.

Du willst kämpfen. Deine Aufmerksamkeit und Energie fliesst hoch und kämpft gegen was immer dich gerade stört. Du machst dich gross, einschüchternd, vielleicht sogar wütend, um die Einhaltung deines Willens zu erzwingen. Vielleicht wirst du auch gezielt charmant, aber deine Absicht ist immer noch, dein/e Gegenüber zu kontrollieren und zu dominieren. Du wirst gross und aggressiv.

Du möchtest alles richtig machen. Deine Aufmerksamkeit und Energie geht Richtung Performance/Leistung. Dein Brustkorb und dein Bauch/Becken spannt sich an, um deine Energie und deine Gefühle zu dämpfen und deine Aufmerksamkeit beschäftigt sich damit, wie gut du performst. Du wirst eng und steif. Du wirst ängstlich. Du fokussierst dich auf Korrektheit und Leistung.


Diese 5 Sicherheitsstrategien sind so intensiv verbunden mit Beziehungsdynamiken, dass wir meist eine Form von Ko-Regulation brauchen, um diesen Strategien eine neue Richtung zu geben.

Die Bedürfnisse, welche in unseren frühkindlichen Entwicklungsphasen nicht gestillt wurden, sind immer noch aktiv und suchen jetzt im Erwachsenenalter nach Erfüllung – vor allem in Intimität, Romantik und Sexualität.

Die 5 ko-regulierenden Heilerfahrungen

Endlich willkommen sein. Andere Menschen geben einem das Gefühl, das man selbst erstmal richtig, willkommen, angenommen sind, genau so wie man ist. Bedingungslose Inklusion. Erfahrungen von Teil sein und wahrgenommen werden in der eigenen individuellen Wesensart.

Endlich genährt sein. Andere Menschen bedienen die unerfüllten Bedürfnisse nach Körperkontakt, Nähe, Geborgenheit, sicherer Verbindung, sicherer Bindung. Nachnähren. Und die Unterstützung zur Entwicklung in die autonome Selbstverantwortung für intime Bedürfnisse.

Endlich gesehen werden im eigenen Ausdruck. Andere Menschen schaffen einen sicheren, wertungsfreien und langsamen Rahmen, damit die eigenen Emotionen und Aktionsimpulse zum Ausdruck kommen können – und spiegeln und validieren diese, um einen gesunden Selbstwert aufzubauen.

Endlich auf andere vertrauen dürfen und sich fallen lassen können. Andere Menschen gestalten einen Erfahrungsraum, in welchem Integrität, Kraft und Grenzen bespielt werden können, ohne Kontaktabbruch. Somit kommen die zwei gefühlt ambivalenten Polaritäten von Power & Love zusammen. Grenzen, Kraft, Konflikt, Auseinandersetzung, mit sicherer Bindung und Verbindung, also ohne Trennung.

Endlich der inneren Stimme lauschen. Andere Menschen unterstütze einem durch die Aufforderung und Erlaubnis zum Selbstkontakt (Körperwahrnehmung, Gefühle), die eigene innere und authentische Stimme zu erwecken und der Gewicht zu geben. Ermutigung, die Idee von Perfektion zu überwinden und eine Schönheit im rohen Ausdruck der Lebendigkeit zu finden.

Ko-Regulation von frühkindlichen Entwicklungsstrukturen bedeutet, dass wir einander begegnen und begleiten in den inneren Mangelerfahrungen, bis sich diese erfüllt haben – bis diese Entwicklung von Suche zu Selbständigkeit abgeschlossen ist – wir helfen uns gegenseitig beim Erwachsen werden.


Falls du dich auch mehr mit der Fähigkeit der Selbst-Regulation auseinander setzen möchtest, kann du dies hier über diesem Blogbeitrag tun.

Tags:

Antworten auf „Frühkindliche Entwicklungstraumata”.

  1. RBDSM-Talk for conscious relating – MICHELE BRAND

    […] More about ‘Trauma Structures‘. […]

    Gefällt 1 Person

  2. Selbst-Regulation – wie macht man das? – MICHELE BRAND

    […] Mehr zur Ko-Regulation – speziell im Bezug auf frühkindliche Entwicklungstraumata in diesem Blogbeitrag. […]

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu RBDSM-Talk for conscious relating – MICHELE BRAND Antwort abbrechen