Selbst-Regulation – wie macht man das?

Ja, niemand hat uns das beigebracht …

Was ist Selbst-Regulation?

Selbst-Regulation ist die Fähigkeit unseres Körpers und Nervensystems in eine gefühlte Sicherheit zurück zu kehren, nach einer Nervensystem-Aktivierung – bei Stress. Diese Fähigkeit erlaubt es uns grosse, intensive emotionale Zustände zu erleben ohne überwältigt oder reaktiv zu sein, oder zu kollabieren.

Jede Nervensystem-Antwort gegenüber Stress, wie fight, flight, freeze, oder fawn aktiviert den Körper auf eine andere Weise. Um dich effizient zu regulieren brauchst du Tools, die zu diesen unterschiedlichen Zuständen passen.

Wieso ist Selbst-Regulation wichtig?

Wenn dein Nervensystem disreguliert ist, verlierst du die Fähigkeit:

  • den Moment wahrzunehmen
  • zu reflektieren
  • logisch zu denken
  • dich mit anderen und deiner Umgebung verbunden zu fühlen
  • Entscheidungen zu treffen

Du gehst in den Überlebensmodus und reagierst aus deinem Instinkt, nicht aus deiner Intention. Du hast das Gefühl von Kontrollverlust und dein Verhalten spiegelt nicht mehr wieder, wer du wirklich bist.

FIGHT RESPONSE

Was es ist: Dein Körper nimmt etwas als eine Bedrohung war und bereitet sich auf Attacke oder Verteidigung vor.

Wer entwickelt das: Normalerweise Menschen, welche sich schon früh schützen mussten, speziell in Situationen in welchen sie sich ungehört oder machtlos fühlten.

Wie zeit es sich: Wut, Frustration, Aggression, Reizbarkeit, Impulsivität

Selbst-Regulations Tool: Vergrössere deinen Blick. Schaue aus einem Fenster oder Richtung Horizont. Das hilft, die emotionale Reaktivität zu beruhigen und deinen Verstand zu klären. Wenn du kannst, nimm lange bewusste Atemzüge, um deinen Puls runter zu bringen.

FLIGHT RESPONSE

Was es ist: Dein Körper nimmt etwas als eine Bedrohung war und versucht zu fliehen oder die Bedrohung zu vermeiden.

Wer entwickelt das: Oft Menschen, die gelernt haben beschäftigt oder konstant in Bewegung zu bleiben, um Unbehagen, bestimmte Gefühle oder Konflikte zu vermeiden.

Wie es sich zeigt: Angstzustände, Panik, Perfektionismus, Rastlosigkeit, rasende Gedanken.

Selbst-Regulations Tool: Gehe Laufen für mindestens 10 Minuten. Die rhythmische Bewegung hilft deinem Nervensystem herunterzufahren. Dann benenne was du im Jetzt um dich herum wahrnimmst, Farben, Formen, Textur – alles was dich unterstützt in den gegenwärtigen Moment zu kommen.

FREEZE RESPONSE

Was es ist: Dein Körper ist überfordert und fährt herunter, um Energie zu bewahren.

Wer entwickelt das: Oft Menschen, die gelernt haben, dass es sicherer war sich taub zu machen oder ‚zu verschwinden‘, wenn nichts anderes (fight or flight) die Situation veränderte.

Wie es sich zeigt: Taubheit, Dissoziation, Traurigkeit, Abgetrenntheit, ‚Faulheit‘, Brainfog, Stuckness

Selbst-Regulations Tool: Starte mit kleinen, leichten Bewegungen wie Strecken, Schaukeln oder einen sanften Spaziergang. Dann organisiere dir Wärme (eine gemütliche Decke oder Heizpads), um deinem Körper Sicherheit zu signalisieren und deinem System die Möglichkeit zu geben, mit deinem Bewusstsein zurück zu deinem Körper zu kommen.

FAWN RESPONSE

Was es ist: Dein Körper versucht Sicherheit zu generieren darüber, anderen zu gefallen, diese zu beschwichtigen, oder sich um deren Bedürfnisse zu kümmern.

Wer entwickelt das: Oft Menschen, die gelernt haben, Bedrohungen zu vermeiden, indem sie ihre Umgebung zufrieden halten – speziell wenn die Zustimmung anderer mit dem Gefühl von Sicherheit verbunden ist.

Wie es sich zeigt: Schuldgefühle, people-pleasing, Angst vor Missbilligung und Konflikt, sich über-entschuldigen, keine Grenzen haben

Selbst-Regulations Tool: Fühle in deine momentanen Bedürfnisse und benenne sie – still für dich oder schreibe sie auf. ‚Ich brauche Ruhe.‘ ‚Ich möchte verstanden werden.‘ Anschliessend benenne eine kleine Grenze, um dich sanft mit dir selbst zu verbinden. ‚Ich möchte nicht gestört werden.‘

DORSAL SHUT DOWN (LOW ENERGY STATE)

Was es ist: Das Nervensystem fällt in einen Kollaps, oft nach längerem Stress oder Überforderung.

Wer entwickelt das: Oft Menschen, welche Langzeit-Stress oder unerlöste Traumata tragen und ohne genug innere Ressourcen oder äussere Unterstützung, um sich davon zu erholen.

Wie es sich zeigt: Erschöpfung, Apathie, Depression, Mangel an Motivation, Burn Out

Selbst-Regulations Tool: Fokussiere deine Augen auf einen Punkt (z.B. ein Finger oder eine Blüte) für 30-60 Sekunden, um deine Aufmerksamkeit wieder zu erwecken. Dann nutze etwas Sensorisches, wie sanfte Musik, Licht, ein paar Tropfen kaltes Wasser oder frische Luft – bewusste, vereinzelte, tiefe Atemzüge.

SHAME STATE (LOW SELF WORTH)

Was es ist: Das ist eine Schutzfunktion, in welcher das Nervensystem bei Schmerz nach innen fokussiert und bei sich selbst die Schuld sucht, um Orientierung zu finden für die gefühlte Unsicherheit und Unkontrollierbarkeit einer Situation .

Wer entwickelt das: Oft Menschen, welche kritisiert oder abgewertet wurden, oder denen schon früh beigebracht wurde, dass Liebe verdient werden muss.

Wie es sich zeigt: Selbst-Unsicherheit, Selbstzweifel, Hoffnungslosigkeit, harter innerer Dialog, das Gefühl nicht gut genug zu sein

Selbst-Regulations Tool: Benenne 3 kleine Siege, Eigenschaften oder Dinge, welche du an dir magst, egal wie klein. Wenn möglich, frage Menschen, denen zu vertraust, dir etwas Nettes und Wahres über dich zu benennen und behalte dies so auf, dass es dir auch später noch zugänglich ist.

KO-REGULATION

Wir brauchen auch einander!

Selbst-Regulation ist eine kraftvolle, wichtige Grundlage, um eigenständig mehr Resilienz und Präsenz in unseren Alltag und in unsere Beziehungen zu bringen. Aber wir sind nicht dafür gemacht, alleine zu heilen. Manchmal ist die kraftvollste Regulation nicht ein Tool, sondern gesehen werden, gehört werden, gehalten sein. Ko-Regulation aktiviert die selben Regionen im Gehirn und im Körper, die das Gefühl für Sicherheit und Präsenz wiederherstellen.

Selbst-Regulation kreiert innere Sicherheit.
Ko-Regulation erinnert uns daran, dass wir nicht dafür gemacht sind, alles alleine zu tragen.


Mehr zur Ko-Regulation – speziell im Bezug auf frühkindliche Entwicklungstraumata in diesem Blogbeitrag.

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